Traurig aber wahr: Nur wenige niedergelassene Ärzte kennen sich mit der Vorbeugung und spezifischen Behandlung von Dekubitus aus. Hinsichtlich Verordnung pflegerischer Maßnahmen und unterstützender Hilfsmittel sind viele Fragen offen. Oft fehlt die Zeit, sich mit diesem doch wichtigen Thema auseinander zu setzen. Wird diese Zeit doch von den Krankenkassen nicht bezahlt.

Ihre Fragen zum Dekubitus, seiner Vorbeugung oder Behandlung werden die wenigsten Ärzte umfassend beantworten können oder wollen. Sie sind jedoch verpflichtet, auf Basis der Ermittlung des Dekubitusrisikos eines Betroffenen die für die pflegerischen Maßnahmen notwendigen Hilfs- und Pflegehilfsmittel, Verbandstoffe, Medikamente und Therapien zu verschreiben. Die Maßnahmen und den Einsatz der Hilfsmittel zu begleiten, um den Verlauf zu beobachten und ggf. korrigierend eingreifen zu können.

Machen Sie sich keine Sorgen. Stellen Sie Fragen, reden Sie mit. Sie „stören“ den Arzt nicht, halten ihn nicht von seiner Arbeit ab. Die Vorbeugung und Behandlung von Druckgeschwüren ist seine Arbeit:

Ärzte unterliegen in Ihrem Handeln der auf Länderebene von der für Sie zuständigen Ärztekammer erlassenen Berufsordnung.

In der Muster-Berufsordnung für Ärzte von der Bundesärztekammer (MBP-Ä), die die Basis der spezifischen Regelungen der einzelnen Bundesländer bildet, heißt es zum Beispiel in § 2 – Allgemeine Ärztliche Berufspflichten: „Ärztinnen und Ärzte haben ihren Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihnen bei ihrer Berufsausübung entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen. Sie haben dabei ihr ärztliches Handeln am Wohl der Patientinnen und Patienten auszurichten. Insbesondere dürfen sie nicht das Interesse Dritter über das Wohl der Patientinnen und Patienten stellen… Eine gewissenhafte Ausübung des Berufs erfordert insbesondere die notwendige fachliche Qualifikation und die Beachtung des anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse.“

In § 7 – Behandlungsgrundsätze und Verhaltensregeln MBO-Ä heißt es ferner: „Jede medizinische Behandlung hat unter Wahrung der Menschenwürde und unter Achtung der Persönlichkeit, des Willens und der Rechte der Patientinnen und Patienten, insbesondere des Selbstbestimmungsrechts, zu erfolgen. Das Recht der Patientinnen und Patienten, empfohlene Untersuchungs- und Behandlungsmaßnahmen abzulehnen, ist zu respektieren… Ärztinnen und Ärzte haben im Interesse der Patientinnen und Patienten mit anderen Ärztinnen und Ärzten und Angehörigen anderer Fachberufe im Gesundheitswesen zusammenzuarbeiten.“

Ermittlung des Dekubitusrisikos

Jeder Pflegebedürftige ist dem Risiko ausgesetzt, einen Dekubitus zu entwickeln. Wie hoch dieses Risiko ist, hängt von vielen, individuellen Faktoren ab. Ausführliche Informationen dazu finden Sie unter Was ist ein Dekubitus? Wie kann er entstehen?.

Für Ihren Hausarzt ist es entsprechend schwierig, das Risiko richtig einzuschätzen. Sieht er doch Ihren Angehörigen nur hin und wieder. Kennt zwar seine Krankengeschichte gut, nicht aber sein häusliches Umfeld. Deshalb:

Beziehen Sie den Hausarzt Ihres Angehörigen von Anfang an in Ihre Überlegungen ein. Fragen Sie ihn, ob er sich aktiv an der Ermittlung des Dekubitusrisikos beteiligen möchte oder ob er der Expertise der Pflegekräfte folgen wird. Schließlich kennen Sie selbst und die Pflegekräfte den Betroffenen und sein (häusliches) Umfeld am besten.

Auswahl und Ver- bzw. Anordnung von pflegerischen Maßnahmen, Hilfsmitteln und Therapien

Wenn Sie gemeinsam mit den Pflegekräften und, im Idealfall, dem behandelnden Arzt die pflegerischen Maßnahmen, unterstützende Hilfs- und Pflegehilfsmittel, Verbandstoffe, Medikamente und Therapien ermittelt haben, ist es am Arzt, die entsprechenden Verordnungen und Rezepte auszustellen.

Informationen zu wichtigen pflegerischen Themen finden Sie unter

Außerdem informieren wir Sie gerne über Dinge, die Sie bei der Auswahl und Anwendung von Hilfsmitteln gemeinsam mit Ihrem (Haus-)Arzt berücksichtigen sollten.

Bei Gesprächen mit Ihrem Hausarzt beachten Sie bitte:

Hilfsmittel sind nicht budget- oder richtgrößenrelevant. Ihr Arzt kann also ohne Sorge genau das verschreiben, was notwendig ist.

Die Verordnung von Hilfsmitteln erfolgt auf einem separaten Rezept. Feld „7“ ist anzukreuzen.

Um eine Verzögerung oder gar Ablehnung der Genehmigung durch die Krankenkasse zu vermeiden, muss auf dem Rezept unbedingt die genaue Diagnose angegeben werden. Lassen Sie sich dabei nicht verwirren: Ärzte verwenden in der Beschreibung eines Dekubitus eine andere Kategorisierung als Pflegekräfte.

Außerdem sollte gleich auf bzw. mit der Verordnung eine Begründung für die Auswahl dieses Hilfsmittel gegeben werden. Die Pflegekräfte können Ihren Arzt dabei sicher mit Informationen unterstützen.

In § 7 Absatz 1 und 2 Hilfsmittelrichtlinie (HilfsM-RL) heißt es: „(1) Die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte sind gehalten, die Verordnung von Hilfsmitteln sorgfältig und leserlich auszustellen. Die Verordnungen sind auf den vereinbarten Vordruckmustern vorzunehmen. Die Vordrucke müssen vollständig ausgefüllt werden. Die Verwendung von Stempeln, Aufklebern u. ä. ist nicht zulässig. (2) In der Verordnung ist das Hilfsmittel so eindeutig wie möglich zu bezeichnen, ferner sind alle für die individuelle Versorgung oder Therapie erforderlichen Einzelangaben zu machen. Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt soll deshalb unter Nennung der Diagnose und des Datums insbesondere die Bezeichnung des Hilfsmittels nach Maßgabe des Hilfsmittelverzeichnisses (soweit dort aufgeführt), die Anzahl und ggf. Hinweise (z. B. über Zweckbestimmung, Art der Herstellung, Material, Abmessungen), die eine funktionsgerechte Anfertigung, Zurichtung oder Abänderung durch den Leistungserbringer gewährleisten, angeben. Ggf. sind die notwendigen Angaben der Verordnung gesondert beizufügen.“

Die Art des Hilfsmittels kann entsprechend Hilfsmittelverzeichnis oder mit der daraus resultierenden, 7-stelligen Positionsummer angegeben werden.

Es ist aber auch die namentliche Verordnung eines bestimmten, im Hilfsmittelverzeichnis gelisteten Hilfsmittels möglich.  § 7 Absatz 3 HilfsM-RL sagt dazu: „Hält es die verordnende Ärztin oder der verordnende Arzt für erforderlich, ein spezielles Hilfsmittel einzusetzen, so bleibt es ihr oder ihm freigestellt, in diesen Fällen unter Verwendung der 10-stelligen Positionsnummer eine spezifische Einzelproduktverordnung durchzuführen. Eine entsprechende Begründung ist erforderlich.“

Auch Hilfsmittel ohne Hilfsmittelnummer können verordnet werden. Es empfiehlt sich, in diesem Fall die 7-stellige Positionsnummer für die Produktart laut Hilfsmittelverzeichnis sowie eine genaue Bezeichnung des Hilfsmittels (Produktname und Hersteller, ggf. erforderliche individuelle Abmessungen und wenn vorhanden die Artikelnummer des Herstellers) anzugeben.

Achten Sie bei Verordnung spezieller Hilfsmittel, also bei der oben beschriebenen, sogenannten Einzelproduktverordnung, auf eine gute Begründung Ihrer Auswahl auf bzw. bei der Verordnung.

Sicher, für den Arzt ist es schwierig vorherzusehen, welche Argumente der jeweilige Bearbeiter bei der Krankenkasse gerade in diesem Fall zulässig finden wird. Da er aber, im Idealfall gemeinsam mit Ihnen und den Pflegekräften, eine fundierte Auswahl getroffen hat, sollten genügend objektive Gründe vorhanden sein. Eine von vornherein schlüssige, medizinisch und pflegerisch begründete Verordnung hilft, Verzögerungen oder Ablehnungen bei der Genehmigung durch die Krankenkasse oder gar eine aufwändige Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) zu vermeiden.

Begleitung der Maßnahmen und des Einsatzes der Hilfsmittel

Mit der Auswahl und Ver- bzw. Anordnung der Maßnahmen, Hilfsmittel und Therapien ist die Beteiligung Ihres (Haus-)Arztes an der Dekubitus-Vorbeugung und -Behandlung noch nicht beendet.

Erfolgt die Genehmigung durch die Krankenkasse nicht zeitnah, ist sie mit Verweis auf die Dringlichkeit der Dekubitusversorgung, ggf. untermauert durch eine medizinische Begründung, anzumahnen.

Wird seitens der Krankenkasse oder des von ihr beauftragten Sanitätshauses bzw. Homecare-Unternehmens ein anderes Hilfsmittel als das verordnete geliefert, sind Lieferant und/oder Krankenkasse umgehend zu informieren und Austausch zu verlangen.

Zeigt sich, dass der Pflegebedürftige mit dem eingesetzten Hilfsmittel nicht zurecht kommt oder sie in ihrer Wirksamkeit nicht ausreichend sind, Beratungen und Anleitungen durch den Lieferanten und die Pflegekräfte die Situation nicht bessern können, ist das Hilfsmittel im Rahmen einer sogenannten Umversorgung auszutauschen.

Lehnt die Krankenkasse die Versorgung mit einem Hilfsmittel komplett ab, ist medizinisch begründet Widerspruch einzulegen. In der Regel reicht schon ein formloses Schreiben des behandelnden Arztes, um den Versorgungsanspruch geltend zu machen.

Dekubitus-Fachinformationen für interessierte (Haus-)Ärzte

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