Hauptursache für die Entstehung eines Dekubitus ist das Einwirken von Druck und Scherkräften auf Haut und Gewebe über das individuell Erträgliche hinaus. In Höhe und Dauer. Oft bedingt durch eine zu geringe oder gar fehlende Fähigkeit eines Pflegebedürftigen zu Aktivität und Mobilität, zu eigenständigen Bewegungen und Positionswechseln.

Es verwundert daher nicht, dass der Erhalt und die Förderung der Aktivität und Mobilität des Pflegebedürftigen, seiner Eigenbewegungen eine wichtige Rolle bei der Vorbeugung aber auch auch Behandlung von Druckgeschwüren spielen. Bewegung verbessert die Funktion des Herz-Kreislauf-Systems, fördert die Durchblutung des Gewebes und auch das Selbstwertgefühl des Menschen.

Nicht nur zur Vorbeugung von Dekubitus

Pflegebedürftige, die mehr oder weniger aktiv am Leben teilnehmen, sich mit Angehörigen, Freunden und (Zimmer-)Nachbarn treffen, auch mal ihr Bett und Zimmer verlassen, sind viel weniger anfällig für die Entwicklung eines Dekubitus als völlig immobile, teilnahmslose Menschen. Je schneller es gelingt, einen wenig mobilen Betroffenen mit einer Dekubituswunde zu aktivieren und mobilisieren, um so besser schreitet die Heilung der Wunde voran.

Auch das Risiko anderer gesundheitlicher Beeinträchtigungen wie zum Beispiel Kontrakturen und Kontraktionen, Pneumonien und Thrombosen sinkt mit zunehmender Aktivität, Mobilität und Bewegungsfähigkeit deutlich.

Und nicht nur das: Mobilität ist die Grundlage für ein Stück weit Autonomie, für eine mehr oder weniger selbständige Lebensführung und Teilhabe am sozialen Leben. Sie wirkt sich damit massiv auf die Lebensqualität des Pflegebedürftigen und seine kognitiven Fähigkeiten aus.

Einflussfaktoren auf Aktivität, Mobilität und Eigenbewegungen

Jeder Pflegebedürftige wird mehr oder weniger in seiner Aktivität und Mobilität, oft auch in seinen Eigenbewegungen eingeschränkt. Wichtig ist es, die noch vorhandenen Fähigkeiten zu erhalten und zu fördern. Eventuell schlummernde Ressourcen zu wecken. Einen Einfluss übt dabei nicht nur die Erkrankung des Betroffenen aus. Zu berücksichtigen sind auch

Körperliche Fähigkeiten und ggf. Einbußen des Pflegebedürftigen

Kann der Betroffene zum Beispiel Bett oder Zimmer nicht ohne Hilfe verlassen, bereitet es ihm große Anstrengungen oder Schmerzen, nehmen Aktivität und Mobilität ab. Fühlt er sich bei Bewegungen unsicher, reduziert er sie. Ein Kreislauf beginnt.

Psychische, kognitive Einschränkungen und Ressourcen

Nicht jeder Mensch verfügt über die gleichen psychischen, kognitiven Fähigkeiten. Wie gut Wahrnehmung und Denken, Lernen und Erinnern funktionieren, ist individuell sehr unterschiedlich. Im Alter, auch bei einigen Grunderkrankungen verändern sich diese Fähigkeiten, lassen nach.

Dinge, die früher selbstverständlich waren, erscheinen plötzlich neu und ungewohnt oder sind gar unmöglich. Junge Menschen, die zum Beispiel aufgrund einer Beinverletzung lange Zeit im Bett lagen, müssen das Laufen, die damit zusammenhängenden Bewegungsabläufe erst wieder erlernen. Demente Pflegebedürftige nehmen sich selbst und ihren Körper nur noch sehr begrenzt wahr.

Frühere Aktivität und Mobilität des Pflegebedürftigen

Individuelle, biographische Aspekte spielen eine nicht unbedeutende Rolle. Jemand der früher auf jeder Party tanzte und das Bad in der Menge genoss, wird auch bei Einschränkungen von Aktivität und Mobilität leichter zu Gruppenmaßnahmen und Treffen in größerer Runde zu begeistern sein. Während ruhigere, zurückgezogenere Menschen eher Einzelmaßnahmen oder kleine Gruppen vorziehen.

Therapeutische Maßnahmen

Maßnahmen der Physio-, Ergo- und Psychotherapie können die Voraussetzungen für Aktivität und Mobilität schaffen bzw. verbessern. Dem Betroffenen Sicherheit geben.

Soziale Umgebung

Lebt der Pflegebedürftige allein, bestehen weniger oft Anreize für eine aktive Beteiligung am sozialen Leben. Sie beschränken sich auf den Besuch des Pflegedienstes, von Angehörigen und Freunden. Das Haus zu verlassen ist in Abhängigkeit von den körperlichen und psychischen Fähigkeiten des Betroffenen oft nur sehr eingeschränkt oder gar nicht möglich ist.

Gestaltung des Wohnraums

Nicht jede Wohnung, nicht jedes Zimmer ist so gestaltet, dass sich der Pflegebedürftige zum Beispiel relativ frei im Rollstuhl bewegen, möglichst einfach Zimmer und Haus mit einer Gehilfe verlassen kann.

Einsatz von Hilfsmitteln zur Förderung von Aktivität und Mobilität

Falsche oder falsch eingesetzte Hilfsmittel verhindern unter Umständen Aktivität und Mobilität statt sie zu fördern.

Maßnahmen zum Erhalt und zur Förderung von Aktivität, Mobilität und Bewegungsfähigkeit

Sie können, gemeinsam mit Ihren Pflegekräften und dem (Haus-)Arzt eine ganze Menge für den Erhalt und die Förderung von Aktivität, Mobilität und Bewegungsfähigkeit tun:

Informieren Sie sich. Sprechen Sie mit den Pflegekräften und dem (Haus-)Arzt. Fragen Sie, welche Aktivitäten und Bewegungen förderlich sind, welche Ihr Angehöriger noch eigenständig durchführen kann und bei welchen Sie ihn wie unterstützen können. Berücksichtigen Sie dabei Übungen zur Stärkung der Muskulatur, das Training von Fortbewegung und Gang sowie komplexen Bewegungsabläufen.

Besprechen Sie mit Ihren Pflegekräften die Möglichkeiten von Hilfsmitteln, die Sie und Ihren Angehörigen bei den Mobilisierungsmaßnahmen unterstützen können.

Technische Hilfsmittel wie zum Beispiel Gehwagen und Rollstühle erlauben eine aktivere Beteiligung am Leben. Aufricht-, Hebe- und Transferhilfen erleichtern den Wechsel vom Bett in den Rollstuhl und umgekehrt. Sie reduzieren die beim Transfer entstehenden Scherkräfte, entlasten Sie und die Pflegekräfte.

Sogenannte Positionierungshilfen, Kissen und Schienen können die Arme und Beine beim Sitzen im Roll- und Pflegestuhl oder am Tisch unterstützen, Schmerzen reduzieren.

Sogenannte Mikrostimulationssysteme helfen, die Körperwahrnehmung des Betroffenen zu erhalten. Durch eine Stimulation der sensorischen Nervenzellen der Haut sollen kleine Eigenbewegungen des Pflegebedürftigen gefördert bzw. angeregt werden.

Achten Sie bei Auswahl und Einsatz der Hilfsmittel darauf, dass sie auf Ihren Angehörigen abgestimmt, ggf. individuell angepasst sind. Nur ein passendes Hilfsmittel wird auch benutzt.

Mit der richtigen Unterstützung durch die richtigen Hilfsmittel ist Ihr Pflegebedürftiger eher bereit, dass Bett zu verlassen. Aktivität, Mobilität und Bewegungsfähigkeiten verbessern sich. Nicht nur der Entstehung eines Dekubitius wird vorgebeugt.

Außerdem erlauben Ihnen die Hilfsmittel eine für Sie rücken- und kräfteschonende Umsetzung der Maßnahmen.

Nutzen Sie entsprechende Angebote von Schulungen, Anleitungen und Beratungen eines Pflegestützpunktes in Ihrer Nähe, der Kranken- und/oder Pflegekasse Ihres Angehörigen. Oft bieten auch Krankenhäuser, stationäre Pflegeeinrichtungen oder ambulante Pflegedienste Veranstaltungen zum Thema Mobilisation und Bewegungsförderung an.

Wenn Sie sich über die Möglichkeiten für Ihren Angehörigen erkundigt haben, erstellen Sie ein Bewegungsprogramm, schreiben Sie es sich auf. Im Idealfall gemeinsam mit Ihren Pflegekräften und ggf. dem (Haus-)Arzt.

Nehmen Sie in das Programm verschiedene Maßnahmen zum Erhalt und der Förderung von Aktivität, Mobilität und Eigenbewegungen auf. Bewegungsförderung beginnt bereits mit Übungen im Bett, um die Beweglichkeit der Gelenke zu erhalten und Kontrakturen vorzubeugen. Besonders wichtig ist es, die Fähigkeit Ihres Angehörigen zu erhalten, eigenständig auch geringe Lageveränderungen im Bett vorzunehmen. Auch Maßnahmen der Physio-, Ergo- oder Psychotherapie können Bestandteil des Bewegungsprogramms sein.

Berücksichtigen Sie bei der Erarbeitung des Bewegungsprogramms die oben aufgeführten Einflussfaktoren, die individuelle Situation Ihres Pflegebedürftigen.

Muten Sie sich trotz aller Fürsorge nicht zu viel zu. Teilen Sie Ihre Kraft ein. Nutzen Sie Schulungsangebote für eine rücken- und kräfteschönende Umsetzung der Maßnahmen. Ihr Angehöriger braucht Sie nicht ’nur‘ bei der Vorbeugung oder Behandlung von Dekubitus.

Schaffen Sie positive Anreize für Ihren Pflegebedürftigen. Fragen Sie ihn bei der Umsetzung der Maßnahmen, wie er sich fühlt, was er als angenehm oder unangenehm empfindet. Passen Sie das Programm oder einzelne Bestandteile entsprechend an. Auch hier im Idealfall in Abstimmung mit den Pflegekräften und ggf. dem (Haus-)Arzt.

Führen Sie ein Bewegungstagebuch, in dem Sie die von Ihnen, den Pflegekräften und ggf. Therapeuten durchgeführten Maßnahmen und eingesetzten Hilfsmittel eintragen. Sollte sich bei der Hautbeobachtung zeigen, dass sich trotz Ihrer Bemühungen ein Dekubitus entwickelt, erleichtert das Tagebuch die Suche nach möglichen Ursachen. Vor allem aber wird es einfacher, die bestehenden Maßnahmen zu ergänzen und/oder Hilfsmittel auszutauschen.

Stellen Sie fest, dass sich Ihr Angehöriger nicht so bewegt oder am Leben teilnimmt, wie es sein Gesundheitszustand zulassen würde, suchen Sie gemeinsam mit Ihren Pflegekräften und dem behandelnden Arzt nach möglichen Ursachen.

Vielleicht fehlt ihm die Lust oder der Wille, sich zu bewegen, sich anzustrengen. Vielleicht verbirgt sich dahinter aber auch Unsicherheit, treten bei der Bewegung Schmerzen auf. Oder er möchte Sie und die Pflegekräfte ’nicht unnötig belasten‘.

Lassen Sie Ihrem Angehörigen ggf. physio-, ergo- oder psychotherapeutische Unterstützung vom (Haus-)Arzt verordnen.