Den größten Teil der Kosten für Maßnahmen und Mittel zur Dekubitus-Vorbeugung und -Behandlung trägt die Krankenkasse Ihres Angehörigen. Sie muss den Leistungsanspruch des Versicherten prüfen, die Versorgung entsprechend den gesetzlichen Vorschriften genehmigen und die damit verbundenen Kosten erstatten.
Einige Krankenkassen werden ihrer Verantwortung bei der Versorgung von Pflegebedürftigen gerecht. Sie arbeiten zum Beispiel mit kompetenten Sanitätsfachhändlern und spezialisierten Homecare-Dienstleistern zusammen. Andere hingegen versuchen, bei der Versorgung ihrer Versicherten zu sparen.
Gesetzliche Rahmenbedingungen der Dekubitus-Versorgung
Versicherte haben nach § 11 Absatz 1 SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung Anspruch auf Leistungen
- zur Verhütung von Krankheiten und deren Verschlimmerung (Dekubitus-Vorbeugung bzw. -Prophylaxe),
- zur Früherkennung von Krankheiten (Dekubitus-Risikobestimmung) und
- zur Behandlung einer Krankheit (Dekubitus-Behandlung bzw. -Therapie).
In § 11 Absatz 2 SGB V heißt es: „Versicherte haben Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern.“
Eine Leistungspflicht der Krankenkassen besteht auch nach § 31 Absatz 1 und § 26 Absatz 2 Nummer 6 Sozialgesetzbuch (SGB) IX – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen.
§ 2 Absatz 1 SGB V verpflichtet die Krankenkassen: „Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen“.
Das heißt jedoch nicht, dass die Krankenkassen generell alle gewünschten Maßnahmen und Hilfsmittel erstatten müssen. Nach § 2 Absatz 1 SGB V müssen vielmehr Krankenkassen, Sanitätsfachhandel und Versicherte darauf achten, „dass die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden“.
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Dekubitus-Versorgung sind somit klar definiert. Wie alle juristischen Texte lassen sie jedoch Raum für individuelle Interpretationen und Auslegungen. Einige Krankenkassen versuchen schon allein aus Kostengründen, die Genehmigung und Erstattung von Maßnahmen und Mitteln zu verzögern, einen Anspruch auszusitzen oder gar abzulehnen.
Was tun bei Verzögerungen?
Im Idealfall reicht der (Haus-)Arzt Ihres Angehörigen gleich mit der Verordnung eine auf dem Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege des Deutschen Netzwerkes für Qualitätssicherung in der Pflege (DNQP) und/oder den Dekubitus-Richtlinien der internationalen Dekubitus-Fachgesellschaften EPUAP, NPUAP und PPPIA basierende Begründung für die Auswahl der Maßnahmen und Mittel ein und verringert damit das Risiko einer Verzögerung oder Ablehnung.
Kommt es dennoch zu einer Verzögerung, bestehen die folgenden Möglichkeiten:
Prüfungen durch den MDK
Nicht selten kündigt die Krankenkasse bei kostenintensiveren Hilfsmitteln eine Überprüfung der individuellen Situation eines Pflegebedürftigen und damit der Rechtmäßigkeit der Verordnung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) an.
Gegen diese Prüfung können Sie nichts tun. Denn Krankenkassen sind wie am Anfang dieser Seite beschrieben per Gesetz verpflichtet, den Leistungsanspruch zu prüfen. Auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten.
Was tun bei Ablehnung des Leistungsanspruchs durch die Krankenkasse?
Gerade Verordnungen aufwändigere Systeme werden von einigen Krankenkassen im ersten Schritt abgelehnt. Verschiedene Gründe werden in den Stellungnahmen aufgeführt. Nicht immer entsprechen sie dem aktuellen Stand juristischer und/oder medizinischer Erkenntnisse.
Argumentationshilfen für häufige Begründungen einer Verzögerung, Ablehnung oder Änderung einer Verordnung durch die Krankenkasse
Wir können hier nicht alle individuellen Begründungen und Situationen abdecken. Hoffen aber, Ihnen Anhaltspunkte geben zu können und Ihnen den mühsamen Weg durch die Instanzen zu erleichtern.
Abwälzen des Leistungsanspruchs auf die Pflegeeinrichtung
Krankenkassen versuchen hin und wieder, die Leistungspflicht auf die Pflegekassen und damit die Pflegeeinrichtungen abzuwälzen. Sie behaupten, Maßnahmen zur Dekubitus-Vorbeugung wären Bestandteil der sogenannten Grundpflege. Würden also zu den Maßnahmen und Mitteln gehören, die eine stationäre Pflegeeinrichtung oder ein ambulanter Pflegedienst prinzipiell durchführen bzw. zur Verfügung stellen muss.
Das Hilfsmittel ist nicht wirtschaftlich
Die Qualität von Hilfsmitteln ist selbst innerhalb einer bestimmten Produktart sehr unterschiedlich. Und damit auch ihr Preis. Sicher: Nicht alles was teuer ist, ist auch gut. Ein verhältnismäßig günstiger Preis heißt nicht automatisch, dass das Hilfsmittel minderwertiger ist.
Alle Beteiligten, also Krankenkassen, Sanitätsfachhändler und Versicherte, sind gesetzlich verpflichtet, auf Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit zu achten. Hinter einigen Ablehnungen oder Abweichungen der Krankenkassen von der Verordnung kann man jedoch durchaus vermuten, nur der Preis spiele eine Rolle.
Abweichung vom allgemein anerkannten Stand medizinischer Erkenntnisse
Gerade neue, fortschrittliche Maßnahmen und Systeme werden gerne pauschal mit Bezug auf eine angeblich fehlende medizinische Begründung oder mangelnde medizinische Evidenz abgelehnt. Gemeint ist damit, die Durchführung der Maßnahmen, der Einsatz des verordneten Hilfsmittels bei Ihrem Angehörigen würde nicht dem allgemein anerkannten Stand medizinischer Erkenntnisse entsprechen. Oder es gäbe noch nicht genügend wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit dieser Maßnahmen und Mittel.
Fehlende Zuordnung des Hilfsmittels zu einem Dekubitus-Grad
Immer wieder kommt es bei einem vorhandenen Dekubitus zu Verzögerungen oder gar Ablehnungen einer Hilfsmittel-Verordnung mit der Begründung, das Hilfsmittel wäre nicht für den beim Betroffenen vorliegenden Dekubitus-Grad zugelassen.
Das Hilfsmittel hat keine Hilfsmittel-Nummer, ist nicht im Hilfsmittelverzeichnis der GKV gelistet
Nach § 39 Absatz 1 SGB V hat der Spitzenverband Bund der Krankenkassen ein systematisch strukturiertes Hilfsmittelverzeichnis zu erstellen, in dem von der Leistungspflicht umfasste Hilfsmittel aufzuführen sind. Damit soll laut Gesetzgeber die Qualität der Leistungserbringung sichergestellt werden. Hilfsmittel gegen Dekubitus sind im Hilfsmittelverzeichnis unter der Produktgruppe 11 zusammen gefasst.
Hersteller können ihre Hilfsmittel in das Hilfsmittelverzeichnis aufnehmen lassen. Sie müssen die Produkte dafür umfangreichen Tests unterziehen und ein zuweilen recht aufwändiges und damit teures Aufnahmeverfahren über sich ergehen lassen.