Einsatz von Laken oder Unterlagen auf Antidekubitus-Matratzen

Dekubitus-Infoserie für die Pflege

Ausgabe 1: Dürfen Laken oder Inkontinenzunterlagen auf Antidekubitus-Matratzen verwendet werden?

Schluss mit irreführenden Aussagen

Pflegeheime berichten immer häufiger davon, dass Aufsichtsbehörden bei Qualitätsprüfungen darauf hinweisen, dass auf Antidekubitus-Matratzen keine Inkontinenzunterlagen oder Bettlaken gehören und diese zu entfernen seien. Das ist aus pflegefachlicher Sicht falsch. Solche Aussagen verunsichern Pflegepersonal und führen zu Maßnahmen, die Pflegebedürftigen schaden können.

Die Forderung nach „lakenfreien Anitdekubitus-Matratzen“ hat Ihren Ursprung in unterschiedlichen Quellen:
Zum einen entstand sie aus missverstandenen Werbeaussagen und Schulungsinhalten von Herstellern, die konkurrierende Antidekubitus-Produkte abwerten wollten.
Zum anderen wurden Empfehlungen, die sich auf den Einsatz von Lagerungskissen beziehen, fälschlicherweise auf Inkontinenzunterlagen und Bettlaken übertragen.
Obwohl sachlich und fachlich ausdrücklich nicht richtig, hielt der Mythos vom Laken-Verbot verbreitet Einzug in die Pflege.

Weder in der aktuellen Pflege-Fachliteratur noch in den Leitlinien des DNQP-Expertenstandards gibt es Hinweise auf den Ausschluss von Laken, Unterlagen und Bezügen auf Antidekubitus-Matratzen.

Zum Wohle Ihrer Bewohner

Wichtig ist, dass zwischen einer Antidekubitus-Matratze und dem Pflegebedürftigen möglichst wenig Material liegt, um den druckverteilenden oder druckentlastenden Effekt der Matratze nicht zu verringern. Dieser Grundsatz gilt unabhängig von der Art der Antidekubitus-Matratze – sowohl für statische Schaumstoffweichlagerungsmatratzen als auch für energetisch betriebene Matratzen, z.B. Wechseldruckmatratzen. Mit Ausnahme von dickeren, gesteppten Unterlagen reduzieren 1-2 Millimeter dünne Bettlaken und Bettschutzunterlagen die druckreduzierende Wirkung ebenso wenig wie die Kleidung, die ein Pflegebedürftiger trägt.

Es gibt keine wissenschaftlichen Untersuchungen, die einen negativen Einfluss durch dünne Laken oder Unterlagen belegen.

Optimal zur Anwendung auf Antidekubitus-Matratzen sind passende, dünne Spannbettblaken mit Stretchanteil. Einfache Bettlaken ohne Stretchanteil können falsch eingeschlagen, zu viel Spannung aufbauen oder verrutschen und Falten bilden, die wiederum Druckstellen begünstigen.

Pflegebedürftige Menschen ohne Laken oder Schutzauflage direkt auf den flüssigkeitsabweisenden Kunststoffbezug einer Antidekubitus-Matratze zu legen ist äußerst unangenehm für den Bewohner, verschlechtert das Mikroklima und fördert Transpiration.

Spannbettlaken und dünne Inkontinenzunterlagen beeinträchtigen NICHT
die druckentlastende Wirkung von Wechseldruckmatratzen.

Bei der Dekubitusprophylaxe fordert der DNQP-Expertenstandard ausdrücklich auch die Berücksichtigung begleitender Therapieziele.

Neben einer effektiven Druckreduzierung liegen oft begleitende Therapieziele wie Liegekomfort, Mikroklima, Hygiene und Körperwahrnehmung vor. Der pauschale Verzicht auf Laken und Unterlagen beim Einsatz von Antidekubitus-Matratzen gefährdet diese Therapieziele und entspricht somit nicht dem Expertenstandard. Auch in Gebrauchsanweisungen der Hersteller von Antidekubitus-Matratzen gibt es keine Hinweise auf Risiken beim Einsatz von Bettlaken und Inkontinenzunterlagen.

Die Verwendung von Lagerungskissen auf Antidekubitus-Matratzen muss fachlich differenziert betrachtet werden.

Lagerungskissen dienen entweder dazu, risikogefährdete Körperareale freizulagern oder Pflegebedürftige in einer druckentlastenden Lagerungsposition zu unterstützen, wenn ihnen Kraft und Körperspannung fehlen. Lagerungskissen sind daher für die Dekubitusprävention in bestimmten Versorgungssituationen unverzichtbar.

Richtig angewandt und positioniert bewahren sie den Pflegebedürftigen in der Kombination mit druckreduzierenden Matratzen vor schmerzhaften und belastenden Hautdefekten. Pauschale Behauptungen, Lagerungskissen seien beim Einsatz von Antidekubitus-Matratzen aus dem Bett zu entfernen, sind daher undifferenziert und können je nach Fall zu negativen Auswirkungen führen.

Zum Wohle Ihrer Bewohner empfehlen wir Ihnen, verallgemeinernde, fragwürdige oder unsachliche Aussagen bei Qualitätsprüfungen in Ihrer Einrichtung zu hinterfragen. Bitten Sie die Prüfer um Nachweise oder Quellenangaben für ihre Aussagen. Lassen Sie sich Aufforderungen, die Auswirkungen auf die Versorgung Ihrer Bewohner haben, schriftlich bestätigen. Das kann anschließend bei einer sachlichen Klärung mit Fachexperten helfen, Ihre Bewohner zu schützen.

Wichtiges in Kürze
  1. Keine dickeren Unterlagen oder Kissen dauerhaft zwischen den Bewohner und die druckreduzierende Matratze legen.
  2. Lagerungs- und Positionierungskissen tragen richtig angewendet maßgeblich zur Druckentlastung der Haut und damit zur Dekubitusprophylaxe bei.
  3. Spannbettlaken und „normale“ millimeterdünne Inkontinenzunterlagen können und sollen aus pflegerischen Gründen auf eine Antidekubitusmatratze gelegt werden.
  4. Ein passendes, dünnes Spannbettblaken mit Stretch-Anteil beeinträchtigt die Wirkung von Wechseldruckmatratzen nicht.
  5. Die bedarfsgerechte Versorgung mit Antidekubitus-Hilfsmitteln erfordert die Kenntnis der EPUAP-Leitlinien, des DNQP-Expertenstandards und eine differenzierte Auseinandersetzung mit der individuellen Risikosituation des Pflegebedürftigen.
  6. Vorsicht vor pauschalen Aussagen und nicht belegbaren „Pflege-Mythen“ – sie gefährden die körperliche Unversehrtheit Ihrer Bewohner.

Diese Infoserie soll zu einer bedarfsgerechten Versorgung von Menschen mit Dekubitusrisiko beitragen und helfen, dass falsche „Mythen“ und Werbeaussagen aus der Pflege verschwinden und durch fundierte Fakten ersetzt werden.

Bei Fragen oder Anregungen können Sie uns gerne kontaktieren!