Sanfte Systeme und starker Service

Unsere Firmengründer und Geschäftsführer im Gespräch mit der Fachzeitschrift MTDialog. Über brennende Themen in der Dekubitusversorgung. Von Pauschallösungen über Fallpauschalen zu Ausschreibungen und Werbeversprechen.

2010 03 MTD Interview CareneticIm Folgenden fassen wir unsere Kernaussagen für Sie zusammen:

Fokussierung auf die Antidekubitus-Versorgung

Das Thema „Dekubitus“ gehört zu den sensibelsten und dringlichsten Versorgungsaufgaben bei der Pflege kranker Menschen.Wir als Firmengründer haben vor mehr als 10 Jahren bei einem großen Sanitätshaus erlebt, dass die gängigeVersorgungspraxis den Patientenbedürfnissen in fachlicher, organisatorischer und produktspezifischer Hinsicht oft nicht gerecht wird und dies aufgrund der Beschäftigung mit 33 Produktgruppen auch nicht funktionieren kann.

Nachdem wir die Bedürfnisse von Patienten, Angehörigen, Pflegekräften und Kostenträgern für uns skizziert hatten, war uns klar, dass die erforderliche Kompetenz, die Servicebereitschaft und die logistischen Anforderungen nur durch eine unternehmerische Konzentration auf den speziellen Versorgungsbereich erfüllt werden können.

Know-how und Netzwerke

Die wichtigste Grundlage ist schlicht die Versorgungserfahrung. Aus inzwischen 13.000 dokumentierten Patientenversorgungen wissen wir, in welchen individuellen Patientensituationen welche Risiken bestehen, welcheWechselwirkungen zwischen Krankheitsbildern und Produkttechnologien auftreten können und welche Maßnahmen wann zu empfehlen sind.

Darüber hinaus tauschen sich unsere examinierten Pflegekräfte in unserem regelmäßig stattfindenden „Carecircle“ über spezielle Versorgungsfälle und Anwendungserfahrungen systematisch aus, sodass bei allen eine einheitliche Wissensbasis besteht. In weiteren wöchentlichen Besprechungen zwischen Innen- und Außendienst werden die aufgetretenen Reklamationen und die Ergebnisse von Kundenbefragungen analysiert und Optimierungsmaßnahmen festgelegt.

Qualifizierungen wie z. B. „Wundtherapeut DGfW“ oder „Wundexperte ICW“, Produktschulungen oder die Mitgliedschaft in der Deutschen Dekubitus-Liga, der Fachvereinigung Medizin Produkte (FMP) oder im Qualitätsverbund Hilfsmittel (QVH) sind selbstverständlich, um am Ball zu bleiben.

Servicedienstleister in Sachen Druckentlastung – Bundesweit in 24 Stunden

Kern unserer speziellen Dienstleistung ist die bundesweite Versorgung aller Indikationsstellungen innerhalb von 24 Stunden. Durch die ständige Verfügbarkeit von einfachen Prophylaxeprodukten bis zu hochwertigen Hightech-Systemen können wir von Frühgeborenen über alte, immobile Menschen in der letzten Lebensphase bis zu Patienten mit schwersten neurologischen Erkrankungen jedes Krankheitsbild sofort versorgen.

Interimsversorgungen kennen wir nicht. Eine Versorgung durch uns ist mit dem Leistungsversprechen „bis zur Zufriedenheit des Kunden“ verknüpft. Den Kunden bei Reklamationen darauf zu verweisen „dann müssen sie eben häufiger lagern“ oder „mehr zahlt ihre Krankenkasse nicht“, hilft nicht weiter und ist unserem Dienstleistungsverständnis absolut fremd.

Nach der Versorgung stehen wir dem Patienten bei Veränderungen des Krankheitsbildes oder des Dekubitusrisikos jederzeit für Nachbegutachtungen oder Beratungen vor Ort zur Verfügung. Bei Defekten erhält der Patient sofort das gleiche System zum Austausch. Eine störende Reparatur vor Ort oder die Lieferung eines anderen Ersatzsystems, das sich gerade im Lager befindet, kommt nicht in Frage.

In der Kommunikation mit dem Kunden Krankenkasse bieten wir vor allem eine absolute Transparenz des Leistungsgeschehens.

Individueller Service – Keine Pauschallösungen

Zunächst einmal muss man festhalten, dass es nicht das eine Produkt oder das eineWirkprinzip gibt, das für alle Versorgungen oder Patientenbedürfnisse geeignet ist, auch wenn das manche Hersteller gerne behaupten.  Die Auswahl eines Antidekubitus-Lagerungssystems erfolgt nach verschiedenen Kriterien, wovon die Erfassung des Dekubitusrisikos, der aktuellen Wundsituation, der Grunderkrankungen und der pflegerischen Umstände die wichtigsten sind.

Insofern ist jede Versorgung individuell. Der Matratzentyp X kann für den einen Patienten geeignet sein, während er für einen anderen Therapieziele und damit die Lebensqualität drastisch beeinträchtigen kann.

Zu unseren Versorgungszielen gehört es, mögliche Nachteile beispielsweise durch einfache Wechseldrucksysteme oder Superweichlagerungen von Beginn an auszuschließen. Darum versorgen wir bereits im Einstiegsbereich sehr hochwertig, das heißt mit Produkten, die mit sehr geringer Reizeinwirkung auf den Patienten gesteuert werden und zugleich eine sehr hohe therapeutische Effizienz besitzen.

Die von uns ausgewählten Antidekubitus-Matratzen haben sich in ihren Indikationsbereichen jeweils in mehreren Tausend Versorgungen bewährt. Dennoch sind wir natürlich immer auf der Suche nach Verbesserungen im Produktbereich. Von welchem Hersteller die Produkte kommen, spielt keine Rolle.

Reform der PG11 – Hilfemittel gegen Dekubitus

Grundsätzlich muss man sagen, dass die Zielsetzung einer Neuordnung der PG 11 sehr sinnvoll war. Leider ist man dann auf halbem Wege stehen geblieben. Der redaktionelle Teil mit der Definition der Produktgruppe 11 „Hilfsmittel gegen Dekubitus“ ist fachlich sehr gut aufbereitet und bringt die Versorgungsprobleme auf den Punkt. Er fordert z. B. eine Abkehr von der Auswahl der Antidekubitus-Hilfsmittel nach Dekubitusgraden und eine Einbeziehung der Kriterien, die wir oben genannt haben. Weiterhin werden zweifelhafte Produkte aus der Versorgung ausgeschlossen. Auch die Gliederung der Produkte nach Wirkprinzipien ist sehr hilfreich.

Leider ist dann bei der weiteren Umsetzung ein Prüfverfahren festgelegt worden, das den Herstellern Tür und Tor für Missbrauch und Irreführung des Marktes öffnet. Das bestätigt im Übrigen auch Dr. Peter Diesing von BerlinCert und 1. Vorsitzender der Deutschen Dekubitus-Liga (www.deutsche-dekubitusliga.de): Bezüglich der hin und wieder in Produktinformationen angegebenenWerte zur Druckentlastung sei anzumerken, dass die Prüfergebnisse nicht geeignet seien für die Definition einer absoluten Qualität, die Bewertung eines allgemeinen therapeutischen oder prophylaktischen Nutzens sowie die Zuordnung der in den Tests ermittelten Druckentlastungsklassen.

Es ist zu bedauern, dass ein Produkt nach diesemVerfahren bereits eine Hilfsmittelnummer bekommt, wenn die Druckentlastung in einer Momentaufnahme nur minimal über einer Standardmatratze liegt. Anschließend wird die „neue Nummer“ als Qualitätskriterium vom Hersteller vermarktet und das Produkt kann dann mitunter „plötzlich Wunderdinge leisten“.

Für die Patienten hat diese Praxis extrem negative Auswirkungen. Eine Verbesserung der Versorgungsqualität wurde mit dem Verfahren aus unserer Sicht nicht erzielt.

Wechseldruck kontra Weichlagerung

Ehrlich gesagt: Wir können das nicht mehr hören. Die Fokussierung auf diese Frage ist mittlerweile eines der größten Probleme im Markt. Es gibt eben nicht das Wirkprinzip, das für alle Patienten in jeder Situation am besten geeignet ist. In einer konkreten Mobilitätssituation kann eine Weichlagerungsmatratze für den Patienten ausreichend und geeignet sein, 6 Wochen später kann der inzwischen komplett bettlägerige und bewegungsunfähige Patient auf dieser Matratze Dekubitalgeschwüre entwickeln. Eine Wechseldruckmatratze kann bei bestimmten Diagnosen sehr gut einsetzbar sein und bei anderen Krankheitsbildern zu Nebenwirkungen führen.

Es ist auch absolut absurd, dass sich die beiden Lager exakt die gleichen Nachteile wie Immobilisierung, Verlust der Körperwahrnehmung, Kontrakturenbildung etc. vorwerfen. Kein einziger der Beteiligten kann allerdings den Nachweis für seine Behauptungen erbringen.

Herstellerschulungen in Pflegeheimen haben schon dazu geführt, dass Patienten mit bestehenden Dekubitalgeschwüren und maximalem Dekubitusrisiko nicht umversorgt werden konnten, weil sich das Pflegeheim für alle Bewohner auf die Anwendung einer bestimmten Weichlagerungsmatratze festgelegt hatte.

Für Carenetic stellt sich diese Frage nicht, weil es sowohl energetisch als auch non-energetisch sehr gute Alternativen zur Weichlagerungsmatratze oder zur klassischen Wechseldruckmatratze gibt.

Stichwort Umversorgung

Wir haben ganz einfach eineVielzahl von Fällen dokumentiert, welche die häufig undifferenzierten werblichen Aussagen der Hersteller über die Leistungsfähigkeit ihrer Produkte in Frage stellen. Bei einer kompletten Immobilisierung des Patienten und einem sehr hohen Risiko nach Bradenskala, was beides in der letzten Lebensphase eines Menschen sehr häufig auftritt, funktioniert das Weichlagerungsprinzip oft nicht mehr. Wir haben da vor Ort extreme Situationen vorgefunden.

Man würde sich hier bei allem Verständnis für Wettbewerb mehr Verantwortung bei den Beteiligten wünschen.

Praxis der Kostenträger – Gradzuordnung von Hilfsmitteln

Es natürlich einfach und augenscheinlich transparent, die Hilfsmittel bestimmten Dekubitusgraden zuzuordnen. Der Kostenträger möchte verständlicherweise Kriterien haben, anhand derer er eine Versorgung nachvollziehen kann. Diese Kriterien gibt es natürlich. Sie gehen aber weit über die Momentaufnahme eines Dekubitusgrades hinaus.

Zum anderen erhalten die Kostenträger schlicht und einfach keine Vertragsangebote, die eine verständliche und wirtschaftliche Versorgungsdifferenzierung nach Patientenbedürfnissen beinhalten.

Es gibt aber sehr wohl Krankenkassen, die für eine patientenorientierte Vertragsgestaltung in diesem Versorgungssegment offen sind und damit nach unserer Erfahrung auch wirtschaftlich gut fahren.

Fallpauschalen in der Dekubitusversorgung

Bei manchen Konditionen muss jedem Beteiligten klar sein, dass damit eine Bedarfsermittlung durch qualifiziertes Personal, die Beratung und Versorgung vor Ort, eventuelle Reklamationsaufwendungen, Wartungen, die Abholung des Hilfsmittels, die hygienische Aufbereitung, kalkulatorische Reparaturen während der Lebensdauer und schließlich die Produktkosten nicht finanzierbar sind.

Wir meinen, dass jeder Kostenträger die Versorgungsqualität, die er für seine Versicherten haben möchte, definieren muss. Daraus sollten sich dann auch entsprechende Konditionen ergeben.

Kritisch wird es, wenn sich der Kostenträger alle möglichen Leistungen vertraglich zusichern lässt und dann ein Fallpauschalenpreis herauskommt, zu dem diese Leistungen nicht zu erbringen sind.

Wir haben mit unseren Krankenkassen-Kunden faire Fallpauschalenpreise vereinbart, die aufgrund der Spezialisierungsvorteile mit Sicherheit nicht über dem Marktdurchschnitt liegen. Die Patienten werden mit diesen Fallpauschalen sehr gut versorgt.

Ausschreibungen kontra Qualität?

Den Marktteilnehmern sind die Konditionen bekannt, die aus den beiden Ausschreibungen über Antidekubitus-Hilfsmittel resultierten. Die in der neuesten Veröffentlichung des MDS geforderten Versorgungsabläufe und -inhalte für die PG 11 lassen sich mit diesen Erstattungspreisen nicht leisten.

Natürlich haben sich sofort Hersteller gefunden, die einem für diese Fallpauschalen plötzlich ein Produkt anbieten, das „alles kann“ und einen Einkaufspreis hat, für den man nicht einmal eine durchschnittliche Campingmatratze bekommt.

Solange das alleinige Zuschlagskriterium der niedrigste Preis ist und nicht mit anderen qualitativen Kriterien gewichtet wird, führen Ausschreibungen in dieser Produktgruppe zu einer drastisch geringeren Versorgungsqualität. Das drückt sich nicht nur in Folgekosten, sondern vor allem auch in physischen und psychischen Belastungen der Betroffenen aus.

Wichtig wäre, dass alle Kostenträger Qualitätskontrollen durchführen. Dadurch würden sich viele Versorgungsprobleme von selber lösen.

Werbeversprechen der Hersteller

In erster Linie sollten die Hersteller mehr Verantwortung bei der Werbung für ihre Produkte zeigen. Die scheinbar beliebige Etikettierung der Produkte mit Therapiestufen, ohne dass wie in anderen europäischen Ländern eine fundierte Studie vorgelegt wird, ist ein Riesenproblem.

Es fehlt bei den Herstellern zumeist eine differenziertere Einsatzbeschreibung nach Dekubitusrisiken und anderen Entscheidungskriterien. Sie brauchen mehr Bezug zu den Anforderungen der Versorgungspraxis. Aktuell hat man den Eindruck, dass es nur darum geht, eine noch billigere Matratze für den Fachhandel zu entwickeln.

Die Produkte, die wir einsetzen, haben im Durchschnitt einen drei- bis vierfach höheren Einkaufspreis. Trotzdem kann man damit für den Kostenträger wirtschaftliche Angebote gestalten. Vor allem aber kann man damit in diesem äußerst sensiblen Segment eine gute Patientenversorgung leisten.

Aufgaben der Leistungserbringer

Es steht uns nicht zu, hier Empfehlungen zu geben.Vielleicht sollten manche Fachhändler aber den Anspruch überdenken, alles und jeden versorgen zu wollen.

Wenn man in der Dekubitusversorgung nicht entsprechend kompetentes Fachpersonal vorhält, die Organisation nicht auf eine flexible, sofortige Versorgung ausgerichtet ist, keine unterschiedlichen Produkte für unterschiedliche Indikationen vorgehalten werden und man insgesamt nicht die entsprechende Servicebereitschaft mitbringen will oder kann, dann sollte man dieses kritische Segment auch nicht bedienen.

Das sagen wir nicht, weil wir als Spezialisten davon profitieren würden, sondern weil wir einfach schon eine Menge kritischer Versorgungen vor Ort gesehen haben.